Terminverschiebungen und Absagen
Ich möchte hier versuchen diese Themen aus meiner Sicht zu veranschaulichen, um meinen Schüler/innen und Interessenten einen Einblick in dieses nicht immer so einfache Thema zu geben.
Zunächst die generelle Frage worum es sich bei Gesangsunterricht handelt....
° .... eine Dienstleistung… °
In den Köpfen vieler Schüler/innen und Eltern handelt es bei Gesangsunterricht um eine “erstattbare Dienstleistung”. Wenn du deine Unterrichtseinheit aus welchen Gründen auch immer absagen oder verschieben willst, so habe ich als Lehrerin in dieser ursprünglich vereinbarten Unterrichtszeit scheinbar keine Leistung erbracht. Und der Hausverstand sagt uns: wenn keine Leistung erbracht wurde, braucht auch keine Bezahlung zu erfolgen, oder im Falle von Vorauszahlung soll die noch nicht erbrachte Leistung ersetzt werden.
° …oder ein Gebrauchsgut? °
Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Musikunterricht kein langlebiges Gebrauchsgut ist. Diese können im Normalfall retourniert werden, man bekommt einen Gutschein oder Geld zurück und kann sich etwas anderes damit kaufen. Bei der neu gekauften Hose zu Hause die Meinung geändert? Kein Problem, zurück ins Geschäft damit. Du kaufst eine andere Hose und die zurückgebrachte Hose kann höchstwahrscheinlich zum vollen Preis wieder verkauft werden.
Entscheidend ist: sie kann zu jedem Zeitpunkt wieder verkauft werden und stellt weder für dich als Kunden noch für das Geschäft einen finanziellen Verlust dar.
Wenn du aber eine Gesangsstunde plötzlich „retournieren“ also absagen willst, stellt das für dich maximal einen kleinen Lern- oder Informationsverlust dar, für deinen Lehrer jedoch einen finanziellen Verlust.
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Gesangsunterricht zählt klarerweise nicht zu langlebigen Gebrauchsgütern, sondern zu zeitgebundenen Dienstleistungen. Das bedeutet, wenn du deinen zugewiesenen Termin am Mittwoch von 14:00-14:45 nicht wahrnehmen kannst, ist dieser weg und es ist für mich nicht mehr möglich dieses Zeitfenster neu zu verkaufen. Vielleicht bittest darum die Stunde zu einem späteren Zeitpunkt oder an einem anderen Tag dieser Woche nachzuholen. Ich muss dann meinen Stundenplan oder auch eigene privat geplante Zeit (Familie, Freunde, Üben, etc…) dafür umstülpen. Stell dir vor, dein Vorgesetzter entscheidet, dass es heute Nachmittag zwischen 14:30 und 15:30 nichts zu arbeiten gibt, ob du aber so freundlich wärst dafür morgen Abend diese Stunde nachzuholen, denn dann gäbe es wieder was zu arbeiten. Du wirst mir sicher zustimmen, dass so eine Vorgehensweise nicht im Sinne des Erfinders liegt.
Überhaupt finden wir in unserem Alltag viele Situationen, in denen wir im Voraus bezahlen. Manches davon wird nicht verwendet, verfällt oder läuft ab und wir müssen mit dem Verlust einfach leben. Denk nur mal an Einkäufe, die schlecht werden und im Abfall enden, würdest du diese zum Markt zurückbringen? Oder stell dir vor du hast für ein ganzes Semester einen im Voraus bezahlten Yogakurs gebucht und verpasst wegen Krankheit oder Urlaub zwei Einheiten, würdest du dann deine Trainerin um eine Sondersession bitten oder gar um eine Rückerstattung der verpassten Einheiten?
Ihr zahlt bei mir eure Gesangsstunden monatlich im Voraus. Im Grunde bedeutet das aber nichts anderes, als dass ihr ein fixes Zeitfenster in meinem recht vollen Stundenplan reserviert habt. Somit ist einleuchtend, wenn du es einmal nicht zur gebuchten Stunde schaffst ( Krankheit oder Urlaub…) dass ich als Lehrerin keinesfalls verpflichtet bin, ein anderes Zeitfenster für dich zu finden oder gar die Stunde zurück zu erstatten.
Und selbst wenn du nur vereinzelt Stunden buchst oder eine Probestunde vereinbarst, hast du dennoch dieses fixe Zeitfenster für dich reserviert.
Wenn ich beispielsweise mindestens 48 Stunden vorher eine Benachrichtigung bei Absage brauche, dann mit gutem Grund. Viele Lehrer verwenden Bestimmungen dieser Art um sich vor zu großem Zeit- und Planungsdruck zu schützen und ihre Finanzen besser im Voraus planen zu können, denn auch wir Musiklehrer haben Rechnungen zu bezahlen und könnten plötzlich in Zahlungsverzug kommen, wenn Zahlungen des öfteren unerwartet ausbleiben. Zwei Tage oder mehr im Voraus gibt mir noch einen adäquaten Zeitraum um für eine Einzelstunde umzudisponieren. Bei Nichterscheinen oder zu kurzfristiger Absage muss die ausgemachte Einheit bezahlt werden, das ist Fairness und Wertschätzung gegenüber meiner Zeit. Immerhin habe ich für dich diese Einheit freigehalten und keinen anderen Schüler eingeteilt. Ansonsten ist es für mich Verdienstentgang, so eine Stunde ist nicht wieder neu zu verkaufen.
Unterrichtsbestimmungen können sich von Lehrer zu Lehrer stark unterscheiden: Viele können eine Bitte um Stundenverschiebung nicht abschlagen in der Hoffnung auf zufriedene Schüler und Eltern, und damit ihr Unterrichtseinkommen dabei nicht gefährdet wird. Anstatt zuzugeben, dass die einzige Zeit in der Sie zur Ersatzstunde kommen können für Ihren Lehrer unterrichtsfreie Zeit ist, willigt dieser ein und gewährt die Ersatzstunde. Und das höchstwahrscheinlich zu einer denkbar ungünstigen Zeit, die für etwas anderes geplant war, was zur ursprünglich geplanten Zeit natürlich nicht möglich war. Lehrer, die zu entgegenkommend sind stellen somit viel mehr Zeit zur Verfügung und erhalten weniger Bezahlung als ihnen zustünde. Sie fühlen sich erschöpft und ausgebeutet, und das will niemand von seinem Lehrer. Wenn in deinem wöchentlichen Plan einmal eine Kollision mit deiner Stunde auftreten sollte, musst du dich entscheiden auf was du verzichten möchtest und wenn es einmal die Gesangsstunde ist, schuldet der Lehrer dir keinen Ersatz.